CHRONIK

2020

Eine Zeit lang waren wir uns schon sicher, dass die Proben- und Konzertphase des im letzten Jahr gegründeten Bundesjugendzupforchesters nicht stattfinden kann. Wie sollte man unter den Abstandsregelungen vernünftig proben? Wäre überhaupt der Austausch unter diesen Bedingungen möglich, der auch abseits der Probenzeiten zwischen den jungen Musiker*innen stattfinden sollte? Und leidet nicht das Gemeinschaftsgefühl des Orchesters, wenn auf Aktivitäten des letzten Jahres, wie die gemeinsame Paddeltour oder die gemütlichen Abende mit Tischtennis-Turnieren oder Kammermusik-Karaoke, verzichtet werden muss? Dies waren Fragen, die wir, Clara Weise, Laura Engelmann und Charlotte Kaiser, die Organisatorinnen des BJZO, uns stellten, als wir im Juli der Unterkunft fest zu- oder absagen mussten. 

Die Probenphase des BJZO war eine einmalige Gelegenheit, andere Musiker aus ganz Deutschland kennenzulernen und zusammen im Orchester zu spielen. Besonders hat mich dabei begeistert, wie sehr wir beim Spielen untereinander, auch zwischen den Stimmen, kommuniziert haben. Dadurch kam in den Proben und vor allem im Konzert eine unglaubliche Spielfreude auf, wie ich sie so in anderen Orchestern noch nicht erlebt habe.

Cedric (19) aus Hilden, Mandoline

Wir entschieden uns dafür, die Phase stattfinden zu lassen. Ein Hygienekonzept wurde erarbeitet und eine neue Unterkunft gefunden, in welcher dieses umgesetzt werden konnte. Wir sind sehr glücklich, dass wir kurzfristig in der DJH Wernigerode unter Berücksichtigung der Hygienevorschriften unterkommen und proben konnten. Und extrem glücklich sind wir darüber, dass 30 Mandolinist*innen, Gitarrist*innen und Kontrabassist*innen im Alter von 15 bis 30 Jahren sich auf die besonderen Bedingungen einließen und aus 11 verschiedenen Bundesländern anreisten, um dem Bedürfnis nachzugehen endlich wieder gemeinsam Musik zu machen. Schnell stellte sich heraus, dass unsere großen Sorgen unbegründet waren. Durch das Hygienekonzept fühlten sich alle Teilnehmenden wohl. Alle, die schon im letzten Jahr dabei waren, freuten sich sehr über das Wiedersehen und die neuen Mitspieler*innen wurden direkt herzlich integriert. Auch beim Musizieren minderten die Abstände zwischen den Pulten nicht die musikalische Energie. 

Es ist einfach ein unbeschreibliches Gefühl, wenn man in diesem Orchester spielt. Der Austausch auf Augenhöhe und die Möglichkeit, dass man sich ständig selbst einbringen kann, macht die Zeit zu etwas sehr Besonderem. (…) Bereits die Probenphase letztes Jahr war eine so unvergessliche Zeit und ich bin sehr froh, dass trotz der besonderen Umstände auch dieses Jahr eine so schöne Probenphase zustande gekommen ist.

Mafalda (17) aus Ötigheim, Mandoline

Als Dirigentin wurde wieder Lisa Hummel engagiert, welche an der Musikhochschule Leipzig Orchesterdirigieren studiert und bereits bei unserer Gründungsphase dabei war. Durch sie war es wieder eine spannende Probenarbeit, da sie, nicht aus der Zupfmusik-Szene stammend, uns völlig neue musikalische Einblicke ermöglichte. Für die Stimmproben weiteten wir eine Idee aus, welche sich auch im letzten Jahr entwickelte: Wir entschieden uns gegen eine Arbeit mit Dozent*innen von außerhalb, sondern ließen die Mitspieler*innen selber die Verantwortung für einzelne Stücke übernehmen, die sie im Vorhinein eingerichtet und mit den anderen Stimmen abgestimmt hatten. Die Ideen wurden darauf in den Stimmgruppen so lange diskutiert, bis gemeinsam die perfekte Lösung gefunden wurde. Dieses Vorgehen sorgte dafür, dass wirklich jede*r die Möglichkeit hatte, sich mit eigenen musikalischen Ideen aktiv einzubringen. Und dies war auch im Orchester hörbar: Jede*r einzelne war am Gesamtklang beteiligt, für das Resultat mit verantwortlich und damit wichtiger Bestandteil dieser innigen Gemeinschaft. 

Neue Gesichter kennenzulernen ist mittlerweile erschwert worden, da das meiste Lächeln dieser hinter der Maske verborgen bleibt. Aber vor allem in diesen Zeiten, in Zeiten des Abstands kam ich an einem Ort den unterschiedlichsten Bundesländern und Regionen so nahe wie nie zuvor. (…) Es erfüllt mich mit Stolz auch ein Gesicht von diesem jungen, flexiblen und unabhängigen Orchester geworden zu sein.

Mevize (17) aus Gladbeck, Mandoline